Karlsruhe

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Sonntag, 22. Januar 2017

Die Feinstaubbelastung selbst erfassen!


Als Radler und Stadtbewohner setzt man sich irgendwann fast automatisch mit der Feinstaubproblematik auseinander. Da landet man dann auch mal auf der entsprechenden Seite der Stadt, wo über die offiziellen Messstellen berichtet wird und aktuelle Werte abgefragt werden können. Gerade in der kalten Jahreszeit werden wir als Radler täglich dran erinnert, dass es stinkt in der Stadt, weil die Motoren ihre Abgasreinigungssytem abschalten (falls die vorher überhaupt etwas gereinigt haben), um keinen Schaden zu nehmen. Interessante und vielsagende Priorisierung gegenüber dem Schaden, den die Menschen nehmen. So denkt man schon mal drüber nach, ob die Grenzwerte nicht zu lasch, die Messungen an den falschen Stellen oder einfach zu wenige sind.
Tatsächlich scheint der Zusammenbau und die Programmierung nicht zu schwer. Zur Not gibt es Hilfe bei den Treffen der OK Labs. (Luftdateninfo)

Beruflich komme ich hin und wieder mit Reinraumtechnik in Berührung, wenn Reinraummodule mit hochfeinen Filtern zum Einsatz kommen, um die Belastung mit Partikeln in der Luft auf ein Minimum zu reduzieren. Wenn dann eine Messung der Partikel erforderlich wird, sind schnell 4-stellige Summen für ein entsprechendes Messgerät fällig.
Das Gerät kurz vor dem engültigen Zusammenbau. Die beiden Regenrohrbögen dienen als Wetterschutz. (OK Lab Stuttgart)
Umso größer mein Erstaunen, als ich über einen Tweet von einem Bericht beim Deutschlandfunk erfahre, dass man sich so einen Partikelsensor für gerade mal 30 Euro Materialkosten selbst basteln kann. Entwickelt hat dieses Feinstaubmessgerät zum Minimal-Budget das Open Knowledge Lab in Stuttgart, die damit das offizielle Netz von gerade mal 8 Messstationen in Stuttgart erweitern wollen. Der Clou ist nämlich, dass die Sensoren nicht nur privat für die eigene Messung vor der Haustür genutzt werden können, sondern dass diese für eine Karte bereitgestellt werden, womit man ein deutlich engermaschiges Bild der aktuellen Schadstoffkonzentration bekommt. Dieses Bild von Stuttgart ist übrigens bei der aktuellen Wetterlage absolut verheerend. Die Karte vom 22. Januar macht das überdeutlich. Die violetten Punkte zeigen Messpunkte, an denen 200 oder mehr µg/m3 Feinstaub PM10 gemessen werden. Der gesetzliche Grenzwert liegt bei 50 µg/m3 (in Worten: FÜNFZIG!).

In Stuttgart werden sogar 'Bastelstunden' angeboten, in denen man Unterstützung bei der Umsetzung bekommt. Tatsächlich scheint die Umsetzung aber wirklich gar nicht so schwer und ich bin sehr versucht, mich selbst unter die Feinstaubmesser zu begeben und werde dazu vielleicht noch Mitstreiter suchen, die meine Defizite bei Elektronikbasteleien zu kompensieren und gemeinsam das Material zu bestellen.
Ein Schnappschuss vom 22. Januar - ein katastrophales Bild. Der Grenzwert für PM10 ist an manchen Stellen fast 5-fach überschritten - man denkt das könnte eine Karte von Beijing sein, aber nein: Stuttgart!. (Open Data Stuttgart)
Auf Nachfrage bei den Leuten vom Open Knowledge Lab in Stuttgart habe ich dann erfahren, dass es auch in Karlsruhe eine OK Gruppe gibt. Ich habe mich dort schon mal per email gemeldet und schon eine erste Rückmeldung erhalten. In Karlsruhe gibt es bisher noch keine derartige Feinstaubmessstation, wie man auch auf der Karte sehen kann. Das sollte man ändern. Schließlich gibt es bereits je mindestens eine private Messung bei Wroclaw in Polen und in Szeged in Ungarn. In Karlsruhe und Umgebung gibt es übrigens nur 4 Messstationen, wobei nur an zweien der Feinstaub gemessen wird. Übrigens am 22.1. ebenfalls mit deutlichen Überschreitungen des Grenzwerts, wenn auch nicht so extrem wie in Stuttgart.

Ich halte das für ein sehr wichtiges Projekt um deutlicher zu machen, wie dramatisch die Luftverschmutzung in unseren Städten und damit unseren Lebensräumen ist. Für Stuttgart wird zurzeit schon gewarnt, bei den aktuellen Werten draußen Sport zu machen. So hoffe ich, dass auf der Karte schnell viele weitere Punkte erscheinen und das am Ende dazu führt, dass die Farbe dieser Punkte irgendwann in naher Zukunft sich mal wieder mehr in Richtung Grün statt Violett verschiebt.

So oder so lohnt es sich mal reinzuschauen, was bei OK Lab in Karlsruhe und anderswo so passiert - auch über die Feinstaubmessung hinaus. Die Karlsruher Open Data Leute treffen sich übrigens monatlich - das nächste Treffen findet am 13.2. um 19h bei der Inovex GmbH in der Ludwig-Erhard-Allee 6 statt. 

Außerdem wird am 4. März der OpenDataDay 2017 gefeiert. Dabei soll es allgemein um das Thema offene Daten in Karlsruhe gehen, einschließlich Umwelt- und Verkehrsdaten. Es werden ein paar kleine Anwendungen vorbereitet, um zu demonstrieren, was man damit alles machen kann. Klingt jedenfalls sehr interessant und ich werde mir den Termin für mich persönlich schon mal vormerken.

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